Pink Christmas 6 - Andere Weihnachtsgeschichten

von: Martin M. Falken, Kai Steiner, Paul Senftenberg, Manuel Sandrine, Marc Förster, Uwe Strauß

Himmelstürmer Verlag, 2016

ISBN: 9783863615895 , 180 Seiten

Format: PDF, ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 10,99 EUR

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Pink Christmas 6 - Andere Weihnachtsgeschichten


 


 
Weihnachten in der Bromburg


Langsam fuhr Michael über die Allee auf die Bromburg zu. In der Nacht hatte es wieder geschneit, die Zufahrtsstraße war glatt. Dafür entschädigte ihn das Panorama. Vor ihm lag das alte Schloss, umgeben von hohen Bäumen und einem Wassergraben. Schon über ein halbes Jahr war hier nun sein Zuhause. Doch erst seit wenigen Tagen wohnte er gemeinsam mit Kevin in einer gemütlichen Wohnung auf der zweiten Etage. Seinen Freund hatte er im Krankenhaus kennen gelernt, in dem er seit dem Sommer als Arzt tätig war. Kevin war Krankenpfleger und wartete sicher schon mit dem Mittagessen. Ein Unfall hatte Micha auch an diesem Samstag, kurz vor Weihnachten, ins Krankenhaus gerufen. Doch nun freute er sich auf zwei ruhige Tage mit seinem jungen Freund.

Als er vor dem Kutschenrondell hielt, hockte Markus, Graf von Bromland, höchstpersönlich vor dem alten Eingangsportal. Nachdem sie im Sommer gemeinsam einen Schatz in der alten Burg gefunden hatten, waren sie Freunde geworden.

Der junge Doc stieg aus seinem silbernen BMW.

„Hallo, Markus. Heute wirkst du aber so gar nicht gräflich. Pass auf, dass deine Großmutter dich nicht in den Klamotten sieht.“

Markus lachte.

„Hallo, Doc. Soll ich den Weihnachtsbaum im dunklen Anzug herrichten? Grad selber aus dem Wald geholt.“

Stolz hob der junge Graf nun einen makellosen Baum in die Höhe. Geschickt hatte er den Stamm bearbeitet.

„Oha. Aber ihr seid doch Weihnachten gar nicht hier?“

„Aber bis Heiligenabend. Und am zweiten wieder zurück. Außerdem hatten wir hier immer einen Baum mit einer uralten Krippe. Wirst du nachher sehen.“

„Werde ich?“

Der Doc staunte.

„Ja. Meine Großmutter erwartet euch zum Kaffee. So gegen zwei. Sie möchte uns etwas erzählen. Mehr weiß ich auch nicht.“

„Okay. Dann bis später.“

In der gemeinsamen Wohnung hatte Kevin bereits für weihnachtliche Stimmung gesorgt. Es blinkte und glitzerte in allen Ecken. Für den Doc fast zu viel des Guten. Doch dann musste er innerlich schmunzeln. Ohne Kevin hätte er höchstens einen Adventskranz aus dem Supermarkt auf dem Tisch stehen.

„Hallo, Schatz. Wie war es im Krankenhaus?“

Kevin stand in der Küche, wo unter seiner Aufsicht ein Nudelauflauf im Ofen vor sich hin brutzelte.

„Zwei Beinbrüche. Typisch bei dem Wetter. Am besten, alle bleiben daheim. Dann passiert auch nichts.“

Michael schaute auf Kevins Knackarsch. Dessen Jeans wirkte heute noch enger als sonst. Sicher hatte sein Lover daran wieder gebadet. Auch wenn sie sich nun schon ein halbes Jahr lang kannten, machte ihn der Youngster immer noch verrückt.

Zärtlich drückte er sich von hinten an Kevin.

„Hallo noch mal”, drückte er seinem Schatz ein paar Küsse auf den Hals.

Gleichzeitig drückte er seinen Body fest an seinen Partner.

„Wir bleiben aber später nicht daheim. Der See ist zugefroren. Da können wir Schlittschuhlaufen.“

Kevin fühlte Michaels größer werdende Beule.

„Du bist echt unersättlich. Hast du Hunger?“

Der Krankenpfleger presste dabei seine Hand gegen die weiße Hose seines Freundes.

„Auf dich, ja.“

„Später. Erst wird gegessen. Dann aufs Eis und dann machen wir einen langen Kuschelabend.“„Daraus wird nichts. Ich hab grad unten Markus getroffen. Die Gräfin erwartet uns um zwei zum Kaffee. Sie hat uns etwas zu erzählen, hat er gesagt.“

Micha seufzte.

Er fühlte, aus dem Quicky in der Küche würde wohl nichts werden.

Auch Kevin seufzte.

„Immer diese gesellschaftlichen Verpflichtungen. Das kommt davon, dass wir in einem Schloss wohnen. Wärst doch besser zu mir gezogen.“ Damit öffnete der Youngster den Ofen.

„Fühlst du dich hier nicht mehr wohl? Hey, du wolltest doch hier wohnen?“

„Wir Schatz, wir. Aber ist ja schon gut. Gibt es auch Kuchen?“

Kevin grinste.

„Vielfraß. Hey, werd bloß nicht fett.“

„Keine Bange, Doc. Das trainieren wir später schon wieder runter. Entweder noch auf dem Eis oder gleich im Bett.“

Damit massierte der junge Krankenpfleger seinem Doc erneut, kurz, aber effektiv, dessen bestes Stück.

 

Zwei Stunden später hockten sie im inzwischen schon vertrauten gräflichen Salon. Kevin, obwohl satt vom Mittagessen, warf dennoch begehrliche Blicke auf die üppige Kuchenplatte.

Markus, nun in teuren Jeans zu einem weißen Hemd, übernahm die Rolle des vollendeten Gastgebers.

Während Kevin sich sofort einem riesigen Stück Marzipantorte widmete, schaute Michael der Gastgeberin ins Gesicht.

„Was verschafft uns denn heute die Ehre Ihrer Einladung, Gräfin?“

Nach dem Abenteuer vom Sommer, wusste der Doc, die alte Dame mochte es, wenn jemand Dinge direkt auf den Punkt brachte.

Gräfin Sonja lächelte ihn auch sofort an.

„Es ist bald Weihnachten. Da gehört es sich doch, wenn wir uns zum Kaffee treffen.“

Auch Michael lächelte.

Er wusste, die alte Dame nahm ihn auf den Arm.

Dann sah er zu Markus rüber. Doch der junge Graf zuckte nur mit der Schulter.

In dem Augenblick kam Michael der Gedanke, dass die Gräfin nie ein Wort darüber verloren hatte, dass er schwul war. Und nun sogar mit seinem Freund in der Burg lebte. Ob sie wohl auch wusste, dass ihr lieber Enkel es nur mit Männern trieb?

„Die Geheimnisse der Burg haben wir ja nun wohl alle gelöst”, nickte Markus in die Runde.

Was seine Großmutter erneut zum Lachen brachte.

Auch sie dachte nun kurz daran, dass es der Doc gewesen war, der im Sommer einen jahrzehntelang verschollenen Schatz in der Bromburg wiederentdeckt hatte. Nebenbei auch noch zwei Dutzend Barren Gold aus einem Raub.

„Nun ja, wenn ihr schon fragt, da gibt es noch einen verschollenen Ring.“ Gräfin Sonja schaute in die Runde.

Kevin aber stöhnte auf.

„Nicht noch einen.“ Dabei schaute der Youngster auf den Siegelring der alten Gräfin. Jenem Ring, mit dem im Sommer alles angefangen hatte.

„Doch. Nur diesmal ist der Ring verschwunden. Markus ist schuld dran. Aber darum hab ich heute wirklich nicht eingeladen.“

„Woran bin ich schuld? An einem verschwundenen Ring?“

Markus kratzte sich ratlos an seinem Dreitagebart.

Was ihm einen bewundernden Blick von Kevin einbrachte. Was wiederum Michael nicht entging.

Hey, mein Kleiner ist immer noch ein bisschen scharf auf den Grafen, dachte er dann. Na ja, zu verstehen. Echt erstaunlich, dass der immer noch solo ist.

„Bist du, ja”, sorgte dann wieder die Gräfin für volle Aufmerksamkeit.

„Wir hören”, schob ihr Enkel sich einen dicken Happen Kuchen in den Mund.

So dick, dass seine Großmutter kurz die Stirn runzelte. Doch dann besann sie sich auf ihre Story.

Ungeniert langte derweil auch Kevin erneut zu. Auch Micha verdrehte, als er das sah, leicht die Augen.

Doch sein Freund nickte ihm nur zu. Frei nach dem Motto, dann wird unsere Nummer heut im Bett etwas ausgiebiger.

„Du warst noch ein kleiner Junge. Kaum vier Jahre alt. Weihnachten 1984 war das. Wir bauten hier in der Bromburg die Krippe und den Weihnachtsbaum auf”, deutete die Gräfin nun hinter sich.

Dort stand bereits, der von Markus gefällte Baum, in voller Pracht. Erst jetzt warf der Doc einen Blick auf die alte Krippe mit den vielen Figuren, die unter dem Baum standen. Liebevoll mit viel Moos bearbeitet, auch der Stall, das Herzstück der ganzen Szene.

„Du warst damals ganz vernarrt in die Krippe. Und in meinen Ring. Ich hab ihn von deinem Großvater zur Geburt deines Vaters bekommen. Er hatte einen blauen Smaragd und ich mochte ihn sehr. Beim Aufbau des Baumes hab ich ihn abgenommen. Du hast damit gespielt. Und mit den Krippenfiguren. Bis er plötzlich weg war.“ Die Gräfin schloss die Augen.

Dann schaute sie ihrem Enkel in die Augen.

„Du hast ihn irgendwo versteckt, aber wir haben ihn nicht wiedergefunden. Stunden haben wir danach gesucht hier im Raum.“

„Echt?“

Markus bekam nach Jahrzehnten plötzlich Schuldgefühle.

Kevin aber grinste.

„Vielleicht hat er ihn verschluckt. Sie hätten nur …“

Er unterbrach sich.

„Das haben wir. Eine Woche lang waren seine Mutter oder ich bei jedem Stuhlgang dabei. Nichts.“

„Vielleicht hast du ihn noch im Magen?“

Kevin grinste wieder.

Doch sein Freund tippte sich an die Stirn.

„Vielleicht hat er ihn mit rausgenommen und wo anders versteckt?“

Markus dachte sofort an seine ‚Fünf Freunde Sammlung’ und die Abenteuerlust in ihm erwachte zum Leben.

„Oh nein. Fang nun bloß nicht an, das ganze Schloss nach einem einzelnen Ring zu durchsuchen. Es ist bald Weihnachten.“ Kevin dachte mit Schrecken daran, dass sein Freund nun die nächsten Tage damit verbringen könnte, den alten Kasten auf den Kopf zu stellen.

„Markus...