Jenseitsreise und Unterwelt bei den Etruskern

Jenseitsreise und Unterwelt bei den Etruskern

von: Dorothea Steiner

Herbert Utz Verlag , 2004

ISBN: 9783831604043 , 486 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 57,99 EUR

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Jenseitsreise und Unterwelt bei den Etruskern


 

IV ZUR DEUTUNG EINIGER BILDTHEMEN IN ZUSAMMENHANG MIT JENSEITSREISE UND UNTERWELT (S. 266-267)

1. EINFLUSS DER DIONYSISCHEN MYSTERIENRELIGION

Die Untersuchung der Reisedarstellungen hat gezeigt, dass häufig Satyrn oder andere dionysische Gestalten führende oder wegweisende Rollen wahrnehmen und sich mit den menschlichen Gestalten oft vermischen. Es liegt deshalb nahe, zu fragen, ob diese Darstellungen von der Reise in die Unterwelt nicht mit Vorstellungen zusammenhängen, welche direkt mit der Verehrung des Dionysos zusammenhängen und mit dessen Mysterienkult zu verbinden sind.

Ohne Zweifel trug die Entwicklung der Unterweltsvorstellungen in Griechenland und deren wenig attraktive Perspektive für eine Fortexistenz nach dem Tod zu einem nicht geringen Teil dazu bei, dass sich seit dem 7. Jh. verschiedene Mysterienreligionen ausbildeten, welche eine schnell wachsende Zahl von Anhängern verzeichneten. Die ältesten fassbaren Mysterien Griechenlands sind die bereits im 7. Jh. nachzuweisenden eleusinischen Mysterien, die ihren Eingeweihten im Vergleich zu den restlichen Sterblichen ein besseres Fortleben im Jenseits verheissen. Die sich im Laufe des 6. Jhs. herausbildenden dionysischen Mysterien übernehmen dieses Angebot für eine Sonderbehandlung nach dem Tod und versprechen ihren Mysten zusätzlich ein sicheres Geleit in die Unterwelt bis zu jenem Ort, der den Eingeweihten vorbehalten ist.

Diese Betreuung erfolgt durch den Gott selbst oder sein mythisches Gefolge. Es ist deshalb sinnvoll, nach dem Einfluss zu fragen, den die Mysterien auf die Bilder ausübten. Da in dieser Arbeit die Reise in die Unterwelt im Vordergrund steht, soll hier in erster Linie die dionysische Heilsreligion zur Sprache kommen. In unserem speziellen Fall ist also besonders nach der Rolle des Dionysos als Gott der Toten zu fragen. Dazu soll zuerst ein knapper Überblick über Hinweise solcher Vorstellungen in der etruskischen und griechischen Kunst zu suchen sein.

1.1. Dionysische Bilder und Symbole

1. 1. 1. Griechenland


Zahlreiche dionysische Bilder aus den verschiedensten Bereichen griechischer Kunst geben uns ein Bild von den verwendeten Symbolen1327. Besonders häufig sind Darstellungen in der attischen und später unteritalischen Vasenmalerei, in welcher Dionysos seit der ersten Hälfte des 6. Jhs. thematisiert wird. Ab 570 dominieren zunehmend Silene und Mänaden bei Bankett und Komos, später auch bei Verfolgungsjagden und erotischen Spielen die attischen Vasendarstellungen. Neben solchen bacchischen Bildern zeigen die Gefässe seit dem Ende des 6. Jhs. auch Kultszenen wie etwa die Verehrung der Dionysosmaske am Baum oder in einen Krater libierende Mänaden.

Ab 480 tritt Dionysos öfter im Kreis der eleusinischen Gottheiten auf, dadurch wird eine enge Verbindung besonders zwischen Dionysos und Persephone geschaffen, die sich seit der Mitte des 5. Jhs. unter anderem durch ein zunehmendes Vermischen von unterweltlichen und dionysischen Elementen äussert. Besonders deutlich wird die Beziehung von Dionysos zur Unterwelt auf einer apulischen Unterweltsvase des 4. Jhs.: Dionysos steht, den Thyrsosstab in der linken Hand, neben einem Naiskos, der den Palast des Herrscherpaares der Unterwelt andeutet.

Er reicht seine Hand dem thronenden Hades, der sich ihm zuwendet und die dargebotene Hand ergreift. Neben dem Thron des Unterweltsgottes beobachtet Persephone mit der Kreuzfackel das Geschehen. Dionysos befindet sich zwar ausserhalb des Gebäudes, die Geste des Hades deutet jedoch eine enge Beziehung der beiden Götter an. Dionysos wird damit als gleichwertiger unterweltlicher Gott anerkannt.

Gleichzeitig weisen der Thyrsos und eine Mänade mit Tympanon neben dem Weingott auf seine Eigenschaft als Bacchos hin. Auf anderen Unterweltsvasen finden wir an Stelle von Dionysos Orpheus, der auf seiner Leier spielt. Auch er ist stets neben dem Naiskos mit dem Götter paar zu finden, allerdings ohne die enge Verbindung durch den Handschlag. Orpheus verweist hier jedoch sicher auf die Stellung der Orphiker, so wie Dionysos mit dem Narthex auf die Bacchen anspielt.