Traumatische Ereignisse bewältigen - Hilfen für Verhaltenstherapeuten und ihre Patienten

von: Anne Boos

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2007

ISBN: 9783840920660 , 174 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 14,99 EUR

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Traumatische Ereignisse bewältigen - Hilfen für Verhaltenstherapeuten und ihre Patienten


 

12 Gehen und Bleiben – Betroffene häuslicher Gewalt aus Sicht der Opferhilfe (S. 100-101)
Silvia Mader

„Ich hätte den Absprung (aus der Ehe) nie geschafft, wenn ich nicht so viele verschiedene Ansprechpartner gehabt hätte".
Klientin der Opferhilfe Dresden

Dieses Kapitel soll aus Sicht einer Beratungsstelle für Opfer von Straftaten die Situation von Frauen schildern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Die Abhandlung will Interventionsmöglichkeiten und Grenzen im Rahmen der professionellen Opferhilfe aufzeigen. Dabei liegen die Schwerpunkte auf Information und Beratung der Frauen, sowie die Begleitung zu Behörden, Polizei und Gericht. Das Anliegen dieses Artikels ist es, die Möglichkeiten und das Wissen Sozialer Arbeit für andere Berufsgruppen v. a. Psychologinnen, Polizistinnen, Ärztinnen und Juristinnen aufzubereiten und zur Diskussion zu stellen. Die Unterstützung der Frauen kann nur gelingen, wenn die verschiedenen Aufträge und Funktionen der beteiligten Disziplinen ineinandergreifen und koordiniert werden.

12.1 Entstehung des Arbeitsfeldes Opferhilfe

In Hanau entsteht 1984 die erste professionelle Opferberatungsstelle in Deutschland. Nach und nach werden zusätzliche Beratungsstellen in öffentlicher und freier Trägerschaft eingerichtet. Die Opferhilfe ist bis heute keine Pflichtaufgabe des Staates. In den neuen Ländern etabliert sich als erstes flächendeckendes Angebot in freier Trägerschaft die Opferhilfe Sachsen e.V. im Jahre 1997, mit einer Beratungsstelle in Dresden. Inzwischen unterhält der Träger sechs weitere Stellen in Bautzen, Chemnitz, Leipzig, Görlitz, Plauen und Zwickau. Nicht alle Bundesländer, wie z. B. Bayern, Baden-Württemberg, haben Opferhilfeeinrichtungen etabliert, obwohl die Themen Opferhilfe und Opferschutz gesellschaftlich immer drängender diskutiert werden. In den meisten Beratungsstellen sind Sozialpädagoginnen und -pädogogen mit the- rapeutischen Zusatzausbildungen beschäftigt. Aktuelle Veränderungen in der Justiz begünstigen die Ausbreitung der professionellen Opferhilfe. Neue Gesetze, wie z. B. das Opferschutzgesetz (1987), das Zeugenschutzgesetz (1997) und das Gewaltschutzgesetz (2002) stärken die Stellung der Verletzten im juristischen Verfahren, das eher täterzentriert ist.

Die Gesetzesänderungen und die Arbeit der Opferberaterinnen leiten allmählich einen Bewusstseinswandel bei Juristen und Juristinnen ein. Der Geschädigte wird nicht mehr nur als Beweismittel zur Überführung des Täters wahrgenommen, sondern als Betroffener, der aufgrund seiner schwierigen Situation eines besonderen Schutzes und der Begleitung bedarf. So sind mehr und mehr Richterinnen inzwischen vom Sinn einer Zeugenbegleitung durch professionelle Organisationen überzeugt. Hans-Alfred Blumenstein vertritt die Meinung, dass die sozialpädagogische Prozessbegleitung gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sein sollte (Fastie, 2002).

Es gibt erste Ansätze der Zusammenarbeit, wie die folgenden Beispiele zeigen. Die Dresdner Gerichte weisen in ihren Zeugenladungen auf das Angebot der Zeugenbegleitung durch die Opferhilfe Sachsen e.V. hin. In anderen Bundesländern wurden Zeugenzimmer an den Gerichten eingerichtet, die von Sozialpädagoginnen besetzt sind. Richterinnen, Staatsanwältinnen, Polizistinnen und Rechtsanwältinnen treffen sich mit Mitarbeiterinnen der Opferhilfeeinrichtungen in interdisziplinären Gremien um Verbesserungen für die Betroffenen zu erarbeiten. Dabei berichten die Opferberaterinnen von Erfahrungen, die ihnen von Klienten im Kontakt mit den oben genannten Institutionen geschildert werden. Am konkreten Einzelfall kann nach Verbesserungen für die Verletzten gesucht werden.