OBD - Fahrzeugdiagnose in der Praxis

von: Florian Schäffer

Franzis, 2013

ISBN: 9783645270267 , 240 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 29,99 EUR

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OBD - Fahrzeugdiagnose in der Praxis


 

2   Anfänge der Diagnosemöglichkeiten


Je weiter die Ausstattung mit elektronischen Komponenten im Fahrzeugbau voranschritt, desto wichtiger wurde es, dem Techniker in der Werkstatt Möglichkeiten an die Hand zu geben, Störungen und Fehler im Bordnetz zu finden. Zum einen wurde es notwendig, die Techniker entsprechend zu qualifizieren, denn das Wissen um bisher rein mechanische Abläufe, musste zunehmend erweitert werden: zuerst nur um einfache elektrische Bauteile, aber zunehmend war es auch wichtig, komplexe Steuer- und Regelabläufe zu kennen. Mit dem Schritt zu komplexen Steuergeräten wurde die Qualifikation aber immer problematischer. Zwar kann noch das grundlegende technische Hintergrundwissen gelehrt werden, auf Mikrocontrollern basierende Steuergeräte können aber in der klassischen Autowerkstatt nicht mehr diagnostiziert oder gar repariert werden – auch wenn teilweise die Reparatur der ersten analogen Motronic-Steuergeräte noch gelehrt wird. Der Servicetechniker ist heute mehr oder weniger darauf angewiesen, dass das Steuergerät ihm mitteilt, wo ein Fehler vermutet wird. Handelt es sich um ein externes Bauteil (z. B. ein Sensor oder ein Stellglied), kann er es ggf. noch reparieren (wobei meist das Teil eher ausgetauscht wird). Wird ein Fehler im Steuergerät vermutet, bleibt nichts anderes übrig, als das ganze (oft sehr teure) Steuergerät auszutauschen. Während bei anderen Komponenten wie z. B. Lichtmaschine, Anlasser oder Motorblock die defekten Bauteile vom Hersteller oft wieder repariert und aufbereitet werden, ist das bei Steuergeräten weniger der Fall. Dabei könnte sich eine Reparatur durchaus lohnen, denn die neuralgischen Elemente sind weniger die Prozessoren, sondern einfache diskrete Bauteile und kalte Lötstellen oder ähnliche, einfach zu behebende Defekte.

2.1   Das Multimeter


Für die ersten elektrischen Bauteile genügten vor etwa 30 Jahren noch einfachste Prüfmittel. So erstaunt es nicht, dass man auch heute noch bei vielen Servicetechnikern eine klassische Prüflampe im Werkzeugkasten findet. Die einfache Bauform besteht lediglich aus einer Glimmlampe, die bei Anliegen einer Spannung zwischen ca. 6 V und 24 V an der Spitze und an der hinten hinausgeführten Anschlussleitung aufleuchtet. So kann schnell überprüft werden, ob ein Bauteil Spannung führt.

Bild 2.1: Spannungsprüfer mit LEDs (Foto: Testboy GmbH)

Etwas fortgeschrittenere Prüflampen können darüber hinaus mit einer LED auch den ungefähren Spannungsbereich anzeigen. Zusätzlich kann die Polarität oder das Anliegen einer Wechselspannung signalisiert werden. Dazu ist nur eine einfache Schaltung mit zwei Dioden erforderlich1. Bei Wechselspannung leuchten beide LEDs für Plus und Minus auf, und bei einer anliegenden Gleichspannung zeigt die eine aufleuchtende LED, welche Polarität an der Prüfspitze anliegt.

Bild 2.2: Signalisierung der Polarität an einer Prüflampe mit LEDs

Mit einem Spannungsprüfer lassen sich sehr leicht Sicherungen prüfen, ohne dass man sie einzeln aus dem Sicherungsträger abziehen muss. Da die meisten Sicherungen so eingebaut sind, dass sie permanent mit der Batterie verbunden sind, muss die Anschlussleitung des Spannungsprüfers nur mit Masse verbunden werden. Mit der Prüfspitze werden dann nacheinander die beiden blanken Prüfpunkte an den Oberseiten getestet. Wenn an einer Seite Spannung anliegt, muss auch an der anderen Seite Spannung anliegen – andernfalls ist die Sicherung defekt. Nur wenn an beiden Seiten keine Spannung anliegt, muss die Sicherung zusätzlich mit einem Durchgangsprüfer getestet werden. Leider besitzen die immer öfter verbauten Mini-Flachstecksicherungen (anders als die älteren Torpedo- und ATO-Sicherungen) oft an der Oberseite keine Prüfpunkte mehr, sodass bei ihnen ein Ausbau nicht umgangen werden kann.

Bild 2.3: Torpedo- und ATO-Flachstecksicherung (mit offenen Prüfpunkten an der Oberseite)

Bild 2.4: Sicherungsträger mit Standard- und Mini-Flachstecksicherungen bestückt

Ersetzen Sie niemals eine (defekte) Sicherung durch eine mit einem höheren Nennwert (Strombelastbarkeit), da dies u. a. zu Kabelbränden führen kann. Einen niedrigeren Nennwert können Sie hingegen gefahrlos ausprobieren.

2.1.1   Einfache Messungen mit dem Multimeter

Heute ist es üblich, die Fehlersuche damit zu beginnen, die Fehlerspeicher über die Diagnoseschnittstelle auszulesen (siehe Kapitel 6). Dennoch bleibt ein einfaches Multimeter, wie es schon für 10 Euro zu haben ist, immer noch unersetzlich und ein praktisches Hilfsmittel und ersetzt auch die historische Prüflampe. Empfehlenswert für den Kfz-Bereich ist ein digitales Multimeter, das neben Spannung und Strom auch noch weitere Werte messen kann:

•   Widerstand

•   Kapazität

•   Frequenz

•   Temperatur

Außerdem dient es als Durchgangsprüfer.

Bild 2.5: Digitalmultimeter mit automatischer Bereichswahl und zusätzlichen Messbereichen für Widerstand, Kapazität, Frequenz und Temperatur

In die als COM bezeichnete Buchse für den Masseanschluss (beim in Bild 2.5 gezeigten Beispielgerät) wird die Prüfleitung für Masse gesteckt. Je nachdem, welcher Wert (in welchem Bereich) gemessen werden soll, wird die zweite Leitung in eine der anderen Buchsen gesteckt. Bei Strommessungen sollte stets mit dem höchsten Bereich begonnen werden (im Beispiel 10 A), wenn nicht hundertprozentig sichergestellt werden kann, dass ein kleinerer Strom fließt. Digitale Multimeter verfügen über einen Verpolungsschutz, sodass es egal ist, welche Messleitung an Plus oder Minus angeschlossen wird. Liegt eine »Verpolung« vor, bei der die Masseleitung an Plus anliegt, zeigen die Geräte im Display ein entsprechendes Symbol (z. B. ein Minuszeichen vor dem Messwert) – die eigentliche Messung funktioniert aber trotzdem. Bei Wechselspannungen wird dann beispielsweise eine Welle im Display gezeigt.

Moderne Glasfaserleitungen, wie sie vor allem zunehmend für Multimediageräte im Fahrzeug verbaut werden, können nicht mit einem Multimeter überprüft werden. Auch ist es für den Laien nicht möglich, derartige Leitungen zu reparieren, da Spezialequipment notwendig ist.

Bild 2.6: Motorbaugruppe aus einer Leuchtweitenregulierung mit geradlinigem Potenziometer (links) zur Messung der Einstellposition

Mit einem Multimeter können Sie die meisten elektronischen Bauteile in einem Fahrzeug überprüfen. Obwohl es technisch möglich wäre, modernere Signalgeber zu verbauen, bestehen die meisten Sensoren noch aus analogen Bauteilen. Temperaturen, Stellpositionen, Drücke usw. werden noch immer in der Mehrzahl durch Veränderung eines elektrischen Widerstands abgebildet und nicht durch digitale Daten, die dann z. B. über I2C (Inter-Integrated Circuit, sprich: »I-Quadrat-C«) gesendet werden.

Bild 2.7: Im Fahrzeugbau kaum anzutreffen: digitaler Drehpositionsgeber mit absoluter Positionsermittlung mittels Gray-Code-Scheibe (Quelle: Wikimedia Commons)

Ein Blick in die Liste der Fehlercodes, die für OBD II normiert wurden, zeigt, dass für eine Vielzahl an Sensoren immer wieder die gleichen oder ähnliche Fehlerfälle möglich sind.

Tabelle 2.1: DTCs nach ISO 15031 für den Umgebungslufttemperatursensor

Feblercode

Beschreibung

Bedeutung

P0070

Ambient Air Temperature Sensor Circuit

Allgemeiner Fehler, der nicht genauer spezifiziert ist

P0071

Ambient Air Temperature Sensor Range/Performance

Messwert außerhalb des erlaubten Bereichs bzw. außerhalb der erforderlichen Güte

P0072

Ambient Air Temperature Sensor Circuit Low

Kurzschluss gegen Masse

P0073

Ambient Air Temperature Sensor Circuit High

Kurzschluss gegen Fahrzeugplus

P0074

Ambient Air Temperature Sensor Circuit Intermittent

Wackelkontakt

Diese Fehlerfälle können von einem Steuergerät erkannt, dann als Fehlercode abgelegt und vom Servicetechniker ausgelesen werden (siehe Kapitel 3.3). Je nach Baugruppe kann ein kleiner Fehler wie ein Wackelkontakt in einem Temperatursensor schon dazu führen, dass z. B. der Motor nur noch im Notlaufprogramm fährt. Das soll vermeiden, dass er überhitzt, weil der Software im Steuergerät kein konkreter Temperaturwert zur Verfügung steht. Zur Auffindung von Defekten ist eine solche Fehlermeldung natürlich hilfreich und ein guter Ansatz für die Erstdiagnose. Trotzdem sollte man sich bei der Reparatur nicht blind nur auf die Fehlermeldungen des Steuergeräts verlassen und den mitunter teuren Sensor oder die Baugruppe einfach austauschen. Eine einfache Kontrollmessung mit...