Soul Mates, Band 1: Flüstern des Lichts (Unvergessliche Romantasy von SPIEGEL-Bestsellerautorin Bianca Iosivoni)

Soul Mates, Band 1: Flüstern des Lichts (Unvergessliche Romantasy von SPIEGEL-Bestsellerautorin Bianca Iosivoni)

von: Bianca Iosivoni

Ravensburger Buchverlag, 2017

ISBN: 9783473478491 , 480 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Soul Mates, Band 1: Flüstern des Lichts (Unvergessliche Romantasy von SPIEGEL-Bestsellerautorin Bianca Iosivoni)


 

Kapitel 1

Die Stimmen waren zurück. Sie flüsterten Worte, die ich nicht verstand, stöhnten und schrien ihren Schmerz in die Welt hinaus. Nur war ich die Einzige, die sie hören konnte. Binnen weniger Sekunden steigerten sie sich zu einem Kreischen, das in meinen Ohren klingelte und sich wie eine glühende Nadel hinter meiner Stirn anfühlte.

»Alles in Ordnung, Rayne?« Mrs Bowens’ Stimme drang nur verzerrt zu mir durch.

Ich biss die Zähne zusammen, öffnete die Augen und zwang ein Lächeln auf mein Gesicht. »Ja«, behauptete ich, während ich mich so fest an den Verkaufstresen klammerte, dass die Kanten in meine Haut schnitten. Das Gefühl lenkte mich zumindest ein wenig von dem Kreischen ab, das niemand außer mir wahrzunehmen schien.

Manchmal half Schmerz kurzzeitig gegen die Schreie, doch wenn ich ehrlich war, hatte ich nicht die geringste Ahnung, wie ich sie loswerden sollte. Oder warum ich sie hörte. Schon wieder. Das letzte Mal war Monate her und die Panik darüber, dass die Stimmen zurück waren, drohte mir die Luft abzuschnüren.

»Das macht zwanzig Dollar.« Irgendwie brachte ich die Worte hervor und überreichte Mrs Bowens ihre Büchertasche.

»Danke, Liebes.« Die besorgten Falten auf ihrer Stirn glätteten sich. »Komm doch nächste Woche in der Bäckerei vorbei, wenn ich die neuen Rezepte ausprobiert habe. Hab einen schönen Feierabend und grüß deine Mom von mir.«

»Danke, das werde ich. Auch Ihnen noch einen schönen Abend.« Ich begleitete Mrs Bowens zum Ausgang, drückte die Tür hinter ihr ins Schloss und drehte das metallene Schild um. Mein Atem hinterließ eine kleine Spur Kondenswasser auf dem Glas und die schwache Spiegelung verriet mir, dass ich furchtbar aussah. Vermutlich genauso, wie ich mich gerade fühlte.

Das Läuten der Kirchenglocken durchbrach den Lärm in meinen Gedanken. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Einmal. Zweimal. Dreimal. Mit jedem Heben und Senken meiner Brust beruhigte sich mein Herzschlag ein bisschen mehr. Das Hämmern meines Pulses wurde weniger und die Schreie leiser. Aber sie waren noch immer da, versteckt in den hintersten Winkeln meines Bewusstseins. Bereit, jederzeit wieder hervorzukriechen.

Erst jetzt nahm ich die anderen Geräusche um mich herum wieder wahr. Vorbeifahrende Autos und Stimmen von draußen, gedämpfte Musik aus dem Verkaufsraum und ein Rumoren aus dem Lager. Alle paar Wochen sortierte meine Chefin die Bestände neu, wenn ihr wieder einmal ein besseres Ordnungssystem eingefallen war. Bücher waren Mariellas Leben und sie widmete ihnen jede Minute ihrer Zeit.

Ich warf einen Blick auf die antike Wanduhr, die eingebettet zwischen zwei Regalen stand. Kurz nach sieben. Feierabend. Im Vorbeigehen griff ich nach meiner Umhängetasche und schob mein Handy hinein.

»Mariella?« Ich blieb an der Tür zum Lager stehen. Zwischen den Regalreihen konnte ich sie nicht entdecken. »Ich mache Schluss für heute. Soll ich abschließen?«

»Nein. Ich bin gleich fertig und kümmere mich darum.« Ihre tiefe, kratzige Stimme kam von der anderen Seite des Lagers und warf ein Echo an die Wände.

»Alles klar. Bis morgen!« Meine eigene Stimme hallte zurück. Hell und weich, mit einer rauen Note.

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging ich zur Kaffeemaschine im Hinterzimmer und befüllte zwei Becher. Damit verließ ich das Butterfly Books und zog die Tür zum Klingeln des Glöckchens hinter mir zu.

Draußen ging gerade die Sonne unter. Die Wärme des Septembertages hing noch in der Luft und machte eine Jacke unnötig. Die Blätter an den Bäumen begannen sich gerade erst zu verfärben, doch der Himmel war klar und das strahlende Blau schien im Orangerot der untergehenden Sonne zu brennen. Mit jedem Atemzug drang etwas Würziges und Feuchtes in meine Lunge, als wollte sich der herannahende Herbst bereits ankündigen.

Ich ging an den Autos vorbei, die neben dem Bürgersteig parkten, überquerte die Hauptstraße und folgte dem Weg bis zum Comicshop an der Ecke. Mit seinem quietschbunten Logo und der modernen Aufmachung stach er aus der breiten Masse der Läden heraus. Statt einer Klingel über der Tür kündigte die Titelmelodie von Batman mein Eintreten an.

Barry stand hinter dem Tresen, beide Ellbogen aufgestützt, das Kinn in der Hand und sah auf, als ich eintrat. Bei meinem Anblick hellte sich sein Gesicht auf und ich hätte schwören können, dass er mit einem Mal um zwanzig Jahre jünger wirkte.

»Na endlich«, brummte er und streckte die Hand nach dem Kaffee aus, als wäre es sein rettendes Lebenselixier.

»Ich freue mich auch, dich zu sehen«, sagte ich trocken und stellte seinen Becher vor ihm auf der Glasplatte ab. Darunter befanden sich die ältesten und wertvollsten Ausgaben seiner geliebten Comics. »Wie geht’s dir?«

»Ach, das Übliche. Die Hüfte ziept und meine Knie wollen auch nicht mehr so richtig, aber solange die Sonne scheint …« Über den Rand des Bechers hinweg schenkte er mir eines seiner berühmten Lächeln. Vor einem halben Jahrhundert hatte er damit sicher unzählige Mädchenherzen gebrochen. »Danke für den Kaffee.«

»Immer wieder gern.« Seit Barry eines Tages im Butterfly Books aufgetaucht war und mehr Bücher gekauft hatte, als er tragen konnte, hatten wir uns angefreundet. Obwohl er mit seinen sechsundsiebzig Jahren viermal so alt war wie ich, teilten wir den gleichen Büchergeschmack.

»Mariella lässt dich herzlich grüßen.«

Barry kniff die Augen hinter seiner schmalen Brille zusammen. »Lügnerin«, brummte er und sah zur Seite, doch das kurze Zucken in seinen Mundwinkeln verriet ihn. Genauso wie die Tatsache, dass eine gesunde Röte in seine Wangen schoss. »Was liest du gerade?«, wechselte er abrupt das Thema.

Diese Frage stellte er mir öfter, als es meine Englischlehrerin in der Highschool jemals getan hatte. Ich hatte schon immer gern gelesen, aber dank Barrys Empfehlungen hatte sich mein Konsum fast verdoppelt. Genau wie mein Stapel ungelesener Bücher, der sich bald bis an die Decke meines Zimmers türmte.

»Immer noch den dritten Band dieser neuen Fantasy-Reihe«, antwortete ich zwischen zwei Schlucken von meinem Kaffee.

Er begann zu strahlen, aber ich hob warnend die Hand. »Wehe, du verrätst mir, wie es ausgeht oder wer stirbt. Lass es mich allein rausfinden.«

»Die ganze Welt wird wissen, wie es ausgeht, wenn der Film erscheint.« Er rieb sich über das bärtige Kinn. »Na schön, wie du willst. Aber das Ende ist gut.«

Natürlich war es gut. Barry selbst hatte mir die Reihe in die Hand gedrückt. Inzwischen war ich süchtig und verbrachte jede freie Minute damit, meine Nase in den aktuellen Band zu stecken, statt die Regale in der Buchhandlung aufzuräumen oder das Schaufenster zu dekorieren. Von der Buchhaltung ganz zu schweigen.

Mein Handy vibrierte in meiner Tasche. Ich zog es hervor und las die eingegangene Textnachricht. »Nora steht im Stau. Ich soll Emma von der Schule abholen«, informierte ich Barry und trank meinen Kaffee aus.

»Grüß die Kleine von mir. Und pass auf dich auf.« Ein seltsamer Unterton schwang in seinen Worten mit.

An der Tür angekommen, drehte ich mich zu ihm um. »Wieso?«

Umringt von unzähligen Daredevil-, Wonder-Woman- und Batman-Sammelfiguren runzelte Barry die Stirn. »Es ist wieder...