Hundeerziehung - Sozialisierung, Ausbildung, Problemlösung

von: Sabine Winkler

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2017

ISBN: 9783440158753 , 136 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Hundeerziehung - Sozialisierung, Ausbildung, Problemlösung


 

BELOHNUNG VON VERHALTEN


Eine Belohnung muss Ihrem Hund gefallen, nicht Ihnen. Und die Belohnung muss auch zu seiner momentanen Stimmung passen. Sie kann spektakulär und aufregend sein oder leise und beruhigend.

Wenn Ihr Hund gern gestreichelt wird, heißt das nicht unbedingt, dass er sich dafür auch aus dem Spiel mit einem anderen Hund abrufen lässt. Spiel oder Leckerchen funktionieren in einer solchen Situation besser. Eine Streicheleinheit wiederum ist die passende Belohnung, wenn Ihr Hund beispielsweise im Restaurant ruhig unter dem Tisch liegt. Futter oder Spielzeug würden ihn jetzt vielleicht zu sehr aktivieren.

BELOHNUNG ODER BESTECHUNG


Merkwürdigerweise denken viele Hundehalter bei Leckerchen, anders als bei Spielbelohnung, sofort an Bestechung. Häufige Argumente gegen das Training mit Futter:

„Der Hund gehorcht nur, wenn ich ein Leckerchen in der Hand habe.“

Falls man zu Beginn der Ausbildung Leckerchen als Lockmittel verwendet (z. B. indem man dem Hund eines zeigt, damit er herankommt), muss man das im weiteren Verlauf der Ausbildung wieder abbauen, sonst bleibt es bei unbefriedigenden Halbheiten.

„Ich kann doch nicht ewig mit Fleischwurst in der Tasche herumlaufen!“

Brauchen Sie auch gar nicht! Am Anfang des Trainings ist es tatsächlich effektiver, wenn der Hund für jede richtige Reaktion ein Leckerchen bekommt. Und Sie brauchen eventuell mal besonders attraktive Leckerchen. Aber später können Sie die Leckerchen zum großen Teil durch andere Belohnungen ersetzen, wenn Ihnen das wichtig ist.

„Wenn ich Leckerchen dabei habe, bettelt mein Hund nur noch und ist völlig abgelenkt.

Freuen Sie sich, Sie haben einen leicht zu motivierenden Hund! Sobald er erst einmal begriffen hat, dass er die Leckerchen nicht fürs Hochspringen und Stupsen bekommt, sondern nur für Wohlverhalten, wird er ebenso eifrig gehorchen, wie er anfangs gebettelt hat. Sie müssen nur konsequent sein und ein wenig Geduld mit ihm haben.

„Nachbars Struppi (oder: der Hund von Trainer XY) gehorcht auch ohne Leckerchen!

Zwar gibt es tatsächlich Hunde, die ganz ohne Futterbelohnung, nur für Lob, „funktionieren“. Aber nur allzu oft sind diese vor allem mit Zwang und Einschüchterung ausgebildet worden. Unter diesen Umständen ist das Lob ein Sicherheitssignal, über das der Hund sich vor allem deswegen „freut“, weil es bedeutet, dass er im Moment keine Strafe zu befürchten hat.

SPIEL, STREICHELN ODER LECKERCHEN?


Fragen Sie vor allem Ihren Hund! Spielzeug bzw. mit dem Hund herumtollen ist für viele Hunde eine starke Belohnung und eignet sich für aktive Tätigkeiten wie z. B. Kommen auf Ruf. Aber Spiel unterbricht das Training relativ lange und man muss es steuern, damit der Hund nicht allzu aufgeregt wird. Das ist nicht nur wichtig, damit er nicht grob wird, sondern auch, weil allzu große Erregung sich nachteilig auf den Lernerfolg auswirkt.

Futterbelohnung ist in der Regel einfach zu handhaben. Sie eignet sich vor allem fürs Üben in konzentrierter Stimmung und ermöglicht viele Wiederholungen von Übungen in kurzer Zeit, sodass sie sich für gezielte Trainingseinheiten anbietet. Auch ist es meist leichter, einen weniger verfressenen Hund doch noch dazu zu bringen, dass er Gefallen an Leckerchen findet, als einen spielunlustigen Hund zum Spielen zu bewegen. Daher ist Futter bei den Übungen in diesem Buch zunächst das Hauptmotivationsmittel.

© Sabine Stuewer/Kosmos

Füttern ist eine soziale Tätigkeit, an der beide Spaß haben.

Zuwendung und Aufmerksamkeit mögen alle Hunde. Dafür reicht oft schon ein herzlicher Blick. Streicheln wirkt vermutlich vor allem durch die entspannende Wirkung, die es auf viele Hunde hat, als Belohnung und ist daher am besten für ruhige Situationen geeignet. Beides kann man auch gut als „Ersatzbelohnung“ statt Leckerchen verwenden, um den fortgeschrittenen Hund für Dinge zu belohnen, die er schon gut kann. Um neue Dinge beizubringen, braucht man allerdings oft eine stärkere Belohnung.

© Sabine Stuewer/Kosmos

Seien Sie sicher: Ihr Hund liebt Sie nicht nur wegen Ihrer Leckerchen.

FUTTERBELOHNUNG

Leckerchen sollten möglichst klein sein, damit Sie in einer Trainingseinheit 20 bis 30 davon verfüttern können, ohne dass Ihr Hund satt wird. Er soll auch nicht lange mit dem Kauen beschäftigt sein und keine Krümel hinterlassen.

Geeignet sind z. B. handelsübliche Leckerchen oder Hundekuchen, sofern sie klein genug sind. Für besondere Zwecke sind vorübergehend auch einmal Käse- oder Fleischwurstwürfelchen angeraten. Probieren Sie aus, ob Ihr Hund die Abwechslung liebt oder „konservativ“ ist und lieber seine gewohnten Leckerchen möchte. Wenn Sie Ihren Hund besonders motivieren müssen, halten Sie ihn vorher mit Futter etwas knapp, damit er zur Trainingszeit hungrig ist. Sie müssen die Belohnungen sowieso von seiner üblichen Futterration abziehen. Ist er sehr verfressen, machen allzu gute Leckerchen ihn gierig und unkonzentriert! Bringen Sie die Leckerchen griffbereit unter (Gürteltasche o. Ä.), damit Sie nicht lange danach fummeln müssen, wenn Sie sie brauchen.

SPIELBELOHNUNG

Spiel können Sie nur dann zur Belohnung einsetzen, wenn Ihr Hund einerseits gern spielt, andererseits aber einigermaßen diszipliniert mit Ihnen spielen kann. Er darf nicht allzu erregt werden, muss das Spielzeug problemlos wieder hergeben und darf nicht versuchen, es Ihnen dreist aus der Hand zu reißen. Besonders geeignet sind Spielzeuge, die eine Schnur haben und zum Tauziehen einladen. Das Spielzeug müssen Sie (auch wenn es dreckig und angeschlabbert ist) an Ihrem Körper verstauen können, sodass Ihr Hund es nicht mehr sieht und Sie es doch schnell wieder herausziehen können, wenn Sie es brauchen. Spiel zur Belohnung dauert nur kurz, zehn Sekunden sind genug.

© Sabine Stuewer/Kosmos

Für ausgelassenes Spiel eignet sich Spielzeug mit einer Schnur.

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Tauziehen macht den Hund nicht „dominant“, sondern fördert die Bindung.

© Sabine Stuewer/Kosmos

Und natürlich darf er auch mal „gewinnen“.

STREICHELN UND ENTSPANNUNG

Finden Sie heraus, wie Sie Ihren Hund so streicheln können, dass er sich dabei entspannt. Lange feste Striche oder ein Kraulen hinter dem Ohr sind dafür oft am besten geeignet. Manche Hunde lassen sich anfangs nicht so gern lange streicheln oder werden zu aufgeregt. Hören Sie dann einfach auf. Genießt Ihr Hund das Schmusen offensichtlich, verknüpfen Sie es mit betont ruhig gesprochenen Lobworten wie z. B. „Braaav“. Auch diese Worte allein bringen ihn dann später automatisch in eine entspannte Stimmung (= Entspannungssignal). Bei einem vierbeinigen „Rührmichnichtan“, der streicheln nicht mag, verknüpfen Sie Ihr Entspannungssignal, indem Sie es immer mal wieder sagen, während er kurz vor dem Einschlafen ist.

FUTTERBELOHNUNGEN ABBAUEN


Während ein Hund etwas Neues lernt, ist es besser, ihn für jede richtige Ausführung zu belohnen, denn die Belohnung übermittelt in diesem Stadium auch die Information: „Richtig gemacht!“ Außerdem muss Ihr Hund erst einmal felsenfest davon überzeugt sein, dass es sich wirklich für ihn lohnt, ein Signal zu befolgen oder sich in einer bestimmten Situation brav zu verhalten. Wenn Sie die Belohnungen zu früh oder zu schnell abbauen oder gar von einem Tag auf den anderen weglassen, bekommt er den Eindruck, dass dieses Spiel nicht genug Gewinn für ihn abwirft. Entsprechend gering ist dann seine Motivation.

LOCKMITTEL WEGLASSEN

Bei manchen Übungen empfiehlt es sich, anfangs ein Lockmittel zu verwenden, z. B. ein in der Hand gehaltenes Leckerchen, mit dem Sie Ihren Hund ins SITZ oder PLATZ dirigieren. Wenn Sie nun bei solchen Übungen beginnen, das Lockmittel wegzulassen und Ihren Hund gleichzeitig auch seltener belohnen, glaubt er bald, es lohne sich nur dann, die Übung auszuführen, wenn Sie etwas Leckeres in der Hand haben. Er wird folglich auch nur dann gehorchen. Ehe Sie die Häufigkeit der Belohnungen verringern können, müssen Sie ihn also davon überzeugen, dass er immer etwas bekommt, wenn er sich kooperativ verhält, egal ob er die Belohnung vorher sieht oder nicht.

ZUFALLSPRINZIP

An sich würde es nicht schaden, wenn Sie Ihren Hund auch nach der Lernphase weiterhin für jedes richtige Ausführen eines Signals oder jedes der Situation angemessene Verhalten mit einem Leckerchen belohnen würden. Ihm würde das mit Sicherheit gefallen! Aber Sie möchten vielleicht nicht immer so viele Leckerchen geben. Sie können ihn daher seltener mit Futter belohnen.

Dazu lassen Sie das Leckerchen einfach ab und zu weg und ersetzen es durch ein kurzes Lob mit der Stimme (GUT). (Loben Sie nicht mit Ihrem Marker, wenn es kein Leckerchen geben soll – das Markersignal soll ein festes Versprechen auf eine handfeste Belohnung bleiben!) Ihr Hund wird anfangs etwas enttäuscht sein. Je nach Typ wird er entweder etwas lustlos und zögernd reagieren oder sich...