Hooked

von: Brenda Rothert

LYX, 2017

ISBN: 9783736306578 , 275 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 4,99 EUR

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Hooked


 

Kapitel 1


Miranda

Natürlich regnet es. Meine U-Bahn-Haltestelle ist ja auch nur einen halben Kilometer entfernt, und dabei habe ich heute tatsächlich mal einen Good-Hair-Day. Karma lacht mich aus, als ich mir die Kapuze meines Sweatshirts über den Kopf ziehe, weil dies einer dieser Regengüsse ist, der meine Klamotten in Sekunden durchweicht. Und dank des beißenden Spätoktoberwindes in der Innenstadt von Chicago friere ich außerdem noch.

»Verdammt«, murmle ich und beuge mich nach vorn, um mein Gesicht vor dem strömenden Regen zu schützen. Tony wird sowieso schon sauer sein, weil ich wie eine nasse Ratte aussehe – ich brauche nicht auch noch verschmiertes Make-up, um das Gesamtbild perfekt zu machen.

Ich arbeite als Zimmermädchen im Dupont Tower, und ja, es ist ein piekfeines Hotel, aber trotzdem. Man könnte annehmen, ich würde für eine Werbestrecke eines Magazins posieren, wenn man bedenkt, was mein Boss Tony von den Mitarbeitern verlangt, wie sie jeden Tag aussehen sollen.

»Sind Sie ein adretter, vorbildlicher Repräsentant für das Dupont?«, fragt er uns immer und zieht die äußerst gepflegten Augenbrauen hoch. Wenn wir nicht mit Ja antworten können, werden wir verwarnt und ohne Lohn nach Hause geschickt. Das ist mir schon einmal passiert, als ich Kaffee über meine Uniform geschüttet und keinen Ersatz zum Umziehen hatte.

Tony ist ein richtiger Scheißkerl, aber selbst er kann mir nicht vorwerfen, dass ich auf dem Weg zur U-Bahn in den Regen gekommen bin.

Andererseits war ich hundemüde, als ich heute Morgen um halb sieben aufgestanden bin, um mich für die Arbeit fertig zu machen, denn ich habe bis halb zwei für eine Prüfung gelernt. Dieser eisige Regenschauer hat mich wenigstens hellwach gemacht. Mit der Hilfe einer weiteren Tasse starken Kaffees wird das hoffentlich so bleiben.

VWL ist bisher das schwierigste Fach auf der Uni. Es ist auch nicht gerade hilfreich, dass ich fünfundzwanzig bin und seit der Highschool keinen einzigen Gedanken an Mathematik verschwendet habe.

Meine Prüfung ist heute Abend, und wenn ich damit fertig bin, werde ich mir den käsigsten Grillkäse der Welt zubereiten und tief schlafen. Ich habe in diesem Semester nur zwei Kurse belegt, aber bei meiner Vierzig-Stunden-Woche im Dupont und dem Job als Barkeeperin freitagnachts schaffe ich einfach nicht mehr.

Wenn ich so weitermache, habe ich meinen Bachelor-Abschluss in … sechs Jahren. Hoffentlich bekomme ich dann einen Job, bei dem ich genug verdiene, damit ich nicht mehr nur gerade so über die Runden komme und an den letzten Tagen im Monat Erdnussbuttersandwiches essen muss.

Nicht mehr die Schamhaare anderer Leute von Hotelbadezimmerböden wegwischen zu müssen wäre ein weiterer Vorteil.

Der Regen ist noch schlimmer geworden, jetzt kann ich kaum noch sehen, wohin ich gehe. Ein Typ auf dem Bürgersteig rempelt mich im Vorbeigehen an und entschuldigt sich noch nicht einmal. Arschloch. Davon treffe ich jeden Tag so einige in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Meine schlichte graue Zimmermädchenuniform zieht viele herablassende Blicke von Anzugträgern auf sich. Manche von ihnen nehmen sogar an, dass ich kein Englisch spreche. Wie gesagt – Arschlöcher.

Es ist gut, dass ich auf den Boden schaue, denn nur so bemerke ich, dass ich am Bordstein angekommen bin. Ich blicke hoch zur Ampel und ziehe meinen nassen Mantel enger um mich.

Make-up brennt mir in einem Auge, und ich zucke zusammen. Ich habe nur Lippenstift in meiner Handtasche, also hoffe ich, dass Tony sich heute mit einem beinahe ungeschminkten Look abfindet. Ich wische die Schweinerei weg, die mir über das Gesicht läuft – mehr kann ich nicht tun.

Die Ampel springt um, und ich will gerade den Zebrastreifen betreten, als ein Taxi durch eine Riesenpfütze vorbeirast und mich völlig durchnässt.

»Danke, Arschloch!«, rufe ich dem Taxi hinterher, das gerade eine rote Ampel überfährt.

Ich sehe an mir hinab und stöhne, während Leute um mich herumgehen, um die Straße zu überqueren. Auf meiner Uniform kleben Matsch und nasse Blätter.

Wenn ich so zur Arbeit komme, wird Tony mich nicht verwarnen, sondern feuern. Ich bin immer noch in der Probezeit, und ich brauche diesen Job.

Das bedeutet, dass ich nach Hause gehen und mich umziehen muss, und dafür habe ich keine Zeit. Ich muss ein Taxi nehmen, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen.

»Scheiße«, murmle ich.

Ein Taxi kann ich mir nicht leisten. Ich werde das Geld nehmen müssen, das ich für neue Arbeitsschuhe zurückgelegt habe. Und selbst dann … werde ich es kaum rechtzeitig schaffen.

Ich renne den ganzen Weg nach Hause, und als ich den dritten Treppenabsatz zu meiner Wohnung erreiche, keuche und schwitze ich. Ich werfe eine trockene Arbeitsuniform, Make-up und ein Handtuch in eine Tasche, schnappe mir das Geld, das ich in einer Kaffeetasse im Küchenschrank versteckt habe, und renne die Treppen wieder hinunter.

Draußen brauche ich fünf Minuten, um ein Taxi anzuhalten. Auf dem Weg trockne ich mit dem Handtuch meine langen, dunklen Haare und mache mir einen Dutt. Dann wische ich mir das Make-up ab und trage es neu auf.

Wegen des Verkehrs dauert die Fahrt zum Dupont lange, und es ist eine Minute vor acht, als der Fahrer vor dem Hintereingang hält. Sogar die zweiunddreißig Dollar für die Fahrt sind mir egal – ich drücke ihm das Geld in die Hand, steige aus und renne durch den Hintereingang.

Hektisch ziehe ich die trockene Uniform an und stopfe die nasse in meine Tasche. Es ist 8.04 Uhr, als ich den Raum für die Dienstbesprechung betrete. Meine Schuhe sind immer noch nass und quietschen bei jedem Schritt.

Sehr unauffällig.

»Miranda«, sagt Tony in seinem aufgesetzt freundlichen Ton. »Wie nett, dass Sie auch schon da sind.«

»Tut mir leid, dass ich zu spät bin.«

»Sie können nach Ihrer Schicht bleiben und die schriftliche Verwarnung unterschreiben. Und sagen Sie mir bitte nicht, dass Sie in diesen Schuhen arbeiten wollen.«

Meine vierzig Kollegen drehen sich um und starren meine nassen schwarzen Schuhe an.

Scheiße!

»Nein, Sir«, sage ich mit einem Lächeln. »Ich habe noch ein Paar trockene in meiner Tasche. Ich beabsichtige, ein adretter, vorbildlicher Repräsentant des Dupont zu sein.«

Tony mag es, wenn wir seine dämlichen Phrasen wiederholen. Er nickt mir zu und fährt mit seinem Vortrag über die neuen Laken fort, die das Dupont bald verwenden wird.

Als ob das wichtig wäre. Es ist unsere Aufgabe, die Laken zu wechseln, die Fadenzahl müssen wir nicht wissen. Tony sagt, wir sollten uns alle verhalten, als wären wir Eigentümer des Hotels. Ich sage, er soll aufhören zu labern und uns lieber unsere Arbeit tun lassen.

Endlich klatscht er einmal, sein Signal an uns, die Aufgabe für den Tag abzuholen. Ich schaue auf meinen Zettel und unterdrücke ein Stöhnen.

Miranda Carr: Penthouse-Suiten.

Das Dupont hat drei riesige, teure Suiten; um sie makellos sauber zu machen, braucht man eine komplette Schicht. Tony inspiziert die Räume oft nach dem Saubermachen und kürzt uns den Lohn, wenn das Dupont-Logo auf der Seife nicht perfekt ausgerichtet ist. Jedes kleine Detail muss einwandfrei sein.

Ich warte, bis das Geplapper losgeht und das Quietschen meiner Schuhe übertönt, dann schnappe ich mir meinen Putzwagen und bestücke ihn mit allem, was ich brauche.

Meine nassen Schuhe hinterlassen immer noch kleine Pfützen auf dem Teppich im Korridor. Zum Glück ist er dunkel, sodass man die Fußabdrücke nicht sieht. Ich muss mir etwas überlegen, wenn ich die Räume sauber mache, denn in den Suiten liegt cremefarbener Teppichboden.

Am Türknauf der ersten Suite hängt ein Bitte-nicht-stören-Schild, das heißt, ich muss später wiederkommen. Ich schiebe den Wagen den Flur entlang bis zur nächsten Suite und klopfe. Keine Antwort.

Also ziehe ich meine Schlüsselkarte durch das Magnetschloss. Die Tür öffnet sich mit einem Klicken, und ich schiebe sie ein paar Zentimeter auf. »Hallo?«, rufe ich hinein. »Reinigungsservice. Reinigungsservice, ich komme jetzt rein.«

Es bleibt still. Ich ziehe die Schuhe aus und stelle sie auf ein Regal im Wagen. Wie ich so barfuß sauber mache, sehe ich ziemlich lächerlich aus, aber zumindest hinterlasse ich keine nassen Fußabdrücke auf dem Teppich. Die Penthouse-Suiten sind ungefähr dreimal so groß wie das Apartment, das ich mir mit meiner Schwester Paige teile. Der erste Raum ist ein riesiger Wohnraum mit einer Bar, zwei Sofas, einem großen Fernseher, einer Bibliothek voller Klassiker und einer Chaiselongue. Er sieht unberührt aus, abgesehen von ein paar leeren Gläsern auf der Bar.

Ich gehe hindurch bis zum Schlafzimmer, um die Laken vom Kingsize-Bett abzuziehen. Bevor ich dort ankomme, muss ich mich bücken, um eine Kondomverpackung vom Boden aufzuheben. Ekelhaft.

Als ich mich aufrichte, sehe ich eine nackte Blondine aus dem Badezimmer kommen. Mein Mund klappt vor Entsetzen auf. Scheiße! Was mache ich jetzt? Einen Gast nackt zu sehen, bedeutet ganz sicher mein Ende.

Als sie mich erblickt, stößt sie einen schrillen Schrei aus, und ich stehe wie versteinert da. »Oh, scheiße«, sagt sie und seufzt tief. »Sie sind das Zimmermädchen. Tut mir leid, Sie haben mich total erschreckt.«

»Nein, mir tut es leid«, sage ich traurig. Sehr leid. Ich dachte, die Suite wäre leer.«

»Oh, ich war unter der...