Bis wir eins sind - Liebesroman

Bis wir eins sind - Liebesroman

von: Jodi Ellen Malpas

MIRA Taschenbuch, 2018

ISBN: 9783955768140 , 400 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 8,99 EUR

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Bis wir eins sind - Liebesroman


 

1. Kapitel

Ich kicke die Berge von Post auf dem Parkett aus dem Weg, während ich einen Karton auf den Armen balanciere. Hinter mir knallt die Tür ins Schloss. Von der Erschütterung stiebt Staub, der sich über zwei Jahre angesammelt hat, von den Bilderleisten im leeren Flur auf, tanzt im Dämmerlicht vor mir und steigt mir geradewegs in die Nase. Ich niese – einmal, zweimal, dreimal – und lasse den Karton fallen, damit ich meine kitzelnde Nase reiben kann.

»Verdammt«, bringe ich schniefend hervor, trete den Karton zur Seite und gehe den Flur hinunter, um Taschentücher zu holen.

Im Wohnzimmer suche ich die willkürlich aufgestapelten Kisten nach der mit der Aufschrift BAD ab. Viel Hoffnung mache ich mir nicht, denn die Kartons stehen in Fünferstapeln um mich herum und warten allesamt darauf, ausgepackt zu werden. Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll.

Langsam laufe ich herum und schaue mich in meinem neuen Apartment um – eine Erdgeschosswohnung in einem alten, umgebauten georgianischen Haus in einer Westlondoner Allee. Das Erkerfenster im Wohnzimmer ist riesig, die Decken sind sehr hoch, die Böden noch das Original-Parkett. Ich schlendere in die Küche, verziehe das Gesicht wegen der abgestandenen Luft und der Fettfilme auf allen Oberflächen. Dieses Apartment hat zwei Jahre leer gestanden, und das sieht man. Aber es ist nichts, was mithilfe von einem Paar Gummihandschuhen und Putzmitteln nicht zu lösen wäre.

Plötzlich bin ich aufgeregt und stelle mir vor, wie alles blitzt und blinkt, wenn ich erst einen Eimer Reinigungsmittel zum Einsatz gebracht habe. Ich stoße die Glasflügeltür auf, die in den Garten führt, um frische Luft hereinzulassen, und blicke mich im Schlafzimmer um. Es ist gewaltig mit dem Original-Kamin und dem angrenzenden riesigen Bad. Lächelnd laufe ich zurück in den Flur und ins Gästezimmer, das ich allerdings nicht als solches nutzen werde. Ich male mir aus, wie mein Schreibtisch unter dem Fenster mit Blick auf den niedlichen Hof steht, und mein Zeichentisch kommt an die gegenüberliegende Wand mitsamt lauter technischen Plänen und Akten. Es ist meins. Alles meins. Es hat ein Jahr gedauert, bis ich die ideale Wohnung in meiner Preisklasse gefunden habe, doch endlich bin ich hier. Endlich habe ich meine eigene Wohnung und meinen eigenen Arbeitsplatz. Ich habe mir immer gesagt, dass ich mit dreißig meine eigene Firma und mein eigenes Zuhause haben würde. Und ich habe mein Ziel ein volles Jahr früher erreicht. Jetzt bleibt mir dieses Wochenende, das Apartment zu meinem Heim zu machen.

Wie aufs Stichwort klopft es an der Tür. Ich laufe durch meine Wohnung – meine Wohnung – und reiße die Tür auf, woraufhin eine Flasche Prosecco vor meiner Nase erscheint.

»Willkommen daheim!«, trällert Lizzy, die auch noch zwei Gläser aus dem Ärmel zaubert.

»Oh mein Gott, du bist ein Engel!« Ich springe vor, schnappe mir alles und trete zur Seite, damit ich sie in meinem neuen Zuhause willkommen heißen kann. Das Grinsen auf meinem Gesicht dürfte das breiteste aller Zeiten sein.

Sie strahlt mich an und stürmt herein, wobei ihr kurzes schwarzes Haar ihr Kinn umspielt und ihre Augen vor Freude schimmern – Freude für mich.

»Erst stoßen wir an, dann putzen wir.«

Ich stimme zu, während ich die Tür schließe und ihr ins vollgestellte Wohnzimmer folge.

»Ach du Schande, Annie!«, meint sie flüsternd, sobald sie an der Tür steht und die Kartonberge entdeckt. »Woher kommt denn das ganze Zeugs?«

Ich drängle mich an ihr vorbei, stelle die Gläser auf eine der Umzugskisten und mache die Folie vom Prosecco-Korken. »Das meiste ist Arbeitskram«, antworte ich, lasse den Korken knallen und schenke ein.

»Wie viele Bücher und Stifte braucht eine Architektin?«, fragt sie, wobei sie zu der Wand zeigt, an der sich Plastikkisten mit diversen Akten, Lehrbüchern und Büromaterial reihen.

»Die meisten Bücher sind von der Uni. Micky holt morgen mit einem Van den Kram ab, den ich nicht mehr brauche, um ihn zum Wohlfahrtsladen zu fahren.« Ich reiche Lizzy ein Glas und stoße mit ihr an.

»Prost.« Sie trinkt, während sie sich umsieht. »Wo fangen wir an?«

Ich trinke ebenfalls und schaue mich in meinem chaotischen neuen Zuhause um. »Ich muss mein Schlafzimmer einrichten, damit ich irgendwo schlafen kann. Den Rest nehme ich am Wochenende in Angriff.«

»Ohoooh, dein Gemach!«

Sie lässt ihre Augenbrauen hüpfen, und ich verdrehe die Augen. »Das ist eine männerfreie Zone.« Nachdem ich einen weiteren Schluck Prosecco getrunken habe, steuere ich das Schlafzimmer an. »Ausgenommen Micky«, ergänze ich, als ich dort ankomme und im Geiste mein Bett, meine Schränke und meine Frisierkommode durch den riesigen Raum bewege – noch befinden die Möbel sich allesamt mitten im Zimmer. Ich hoffe, dass Lizzy ausgiebiges Stretching gemacht hat, denn wir müssen schwere Möbelstücke rücken.

»Dein Leben ist eine männerfreie Zone.«

»Ich bin mit meiner Arbeit beschäftigt«, erwidere ich und lächle zufrieden. Ich liebe das! Meine neue Firma macht sich besser und besser. Es gibt kein schöneres Gefühl, als zu sehen, wie sich die eigene Vision verwirklicht, zu erleben, wie sich eine Zeichnung in ein richtiges Gebäude verwandelt. Seit ich zwölf war, wusste ich genau, was ich werden wollte. Mein Vater schenkte mir ein Kaninchen zum Geburtstag, und weil ich den Stall, in dem das Tier lebte, sehr dürftig fand, fing ich an zu nörgeln, dass ich die Unterkunft ausbauen müsse, damit es mein neuer Freund schöner habe. Mein Vater lachte und sagte, ich solle ihm aufzeichnen, was ich haben wollte. Also tat ich es. Und von da an gab es kein Zurück mehr. Nach zwei Jahren A-Levels, vier Jahren Bath University und sieben Jahren in einem Architekturbüro, während der ich mich durch meine drei Architektenprüfungen arbeitete, bin ich jetzt da, wo ich immer hinwollte. Ich bin selbstständig, realisiere die Traumprojekte von Menschen.

Ich halte mein Sektglas in die Höhe. »Was macht dein Job eigentlich?«

»Ich arbeite, um zu leben, Annie, nicht andersrum. Ich denke nur an Pediküre, Haut und Nägel, wenn ich im Salon bin.« Lizzy gesellt sich zu mir an die Schlafzimmertür. »Und wechsle nicht das Thema. Es ist über ein Jahr, zwei Monate und eine Woche her, seit du flachgelegt wurdest.«

»Wie überaus akkurat von dir.«

Lizzy zuckt mit den Schultern. »Es war mein Achtundzwanzigster.«

Ich erinnere mich allzu gut an die Nacht, doch der Name ist mir entfallen.

»Tom«, hilft sie mir auf die Sprünge, als hätte sie meine Gedanken gelesen, und dreht sich zu mir. »War ein niedlicher Rugbyspieler. Ein Freund von Jasons Freund.«

Prompt erinnere ich mich an die Oberschenkel des niedlichen Rugbyspielers, muss lächeln und denke an den Abend, an dem ich den Freund von Lizzys Freund kennenlernte – Tom. »Ja, er war wirklich ganz niedlich, nicht?«

»Sehr! Und warum wolltest du ihn nicht wiedersehen?«

»Weiß ich nicht«, antworte ich achselzuckend. »Da war nichts.«

»Da waren Schenkel!«

Ich lache. »Du weißt, was ich meine. Funken. Chemie.«

Sie schnaubt. »Annie, solange ich dich kenne, gab es nie Funken.«

Sie hat recht. Wann wird ein Mann erscheinen und mich von den Socken hauen? Mich richtig umhauen? Mich an etwas anderes als meine Karriere denken lassen? Das Einzige, was meinen Puls rasen lässt, ist mein Job.

»Hast du den Männern für immer abgeschworen?«, unterbricht Lizzy meine Gedanken. »Denn Jason hat noch jede Menge Freunde von Freunden.«

»Mich langweilt das alles. Dates. Der Stress. Die Erwartungen. Für mich hat es einfach nirgends … klick gemacht«, erkläre ich. »Jedenfalls liebe ich meinen Job und meine Freiheit derzeit zu sehr.«

Lizzy lacht amüsiert und geht nach nebenan, um das Bad zu begutachten. »Deine Arbeit meint es echt ernst mit dir, so wie du sie mit achtundvierzig Stunden Einsatz die Woche verwöhnst.«

»Neunzig«, antworte ich, woraufhin sie die Stirn runzelt. »Ich habe letzte Woche neunzig Stunden gearbeitet. Und ich habe die Freiheit, genau das zu tun.«

»Und was ist mit Spaß?«

»Meine Arbeit macht mir Spaß«, sage ich ein bisschen bissig. »Ich darf wunderschöne Bauten entwerfen und zusehen, wie sie zum Leben erwachen.«

»In den letzten Wochen habe ich dich kaum noch zu Gesicht bekommen«, murrt sie.

»Weiß ich. Es war verrückt.«

»Ja, dieses Nobelpärchen in Chelsea verschlingt deine ganze Zeit. Wie läuft es überhaupt?«

»Super«, antworte ich, weil es so ist. Doch es ist eins der härtesten Projekte, das ich je übernommen habe. Monatelang habe ich Entwürfe gemacht und verhandelt, bis wir endlich einen Kompromiss für ihr ultramodernes Ökohaus hatten, das bei den Behörden bewilligt wurde. Die viele Arbeit war jede Mühe wert. Das Würfelhaus am Parkrand hat mir zu der läppischen Anzahlung verholfen, die ich für mein neues Zuhause leisten musste.

»Sie sind letzten Freitag eingezogen.« Ich laufe auf die Flügeltür zum Innenhofgarten zu und stelle mir vor, wie der kleine Platz in Grün versinkt und wie ein schmiedeeiserner Tisch mit ein paar Stühlen darauf steht, an dem ich meinen morgendlichen Kaffee genieße. »Ist es nicht perfekt?«

»Es ist toll«, meint Lizzy, die mir gefolgt ist. »Jason und ich müssen uns wirklich überlegen, etwas zu kaufen, anstatt zu mieten.«

»Oder zu bauen.« Ich blicke sie augenzwinkernd an. »Ich...