Verkauft an den Highlander

von: Margaret Mallory

CORA Verlag, 2019

ISBN: 9783733758639 , 400 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 6,99 EUR

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Verkauft an den Highlander


 

PROLOG

Edinburgh, Schottland,

Dezember 1513

Rory MacKenzie wischte sich das eisige Regenwasser aus dem Gesicht und hinkte zur nächsten Taverne. In seinem verletzten Bein pochte es schmerzhaft, er hatte einen leeren Magen und kein Geld, doch das waren nicht seine schlimmsten Probleme.

Er trat durch die niedrige Tür, wartete, bis seine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, dann ließ er den Blick durch die Schankstube schweifen. Verdammt. Nur die Wirtin und ein paar alte Männer – Stammgäste, wie er vermutete. Rory zog den Kopf ein, damit er ihn sich nicht an den rußgeschwärzten Balken der Decke stieß, und durchquerte den Raum. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit wählte er eine leere Bank an der hinteren Wand, von der aus er die Tür im Blick hatte. Als er sich vorsichtig setzte, wühlte der Schmerz in seinem Bein wie eine Klinge. Rory biss die Zähne zusammen und atmete ein paarmal tief durch.

Bei den alten Männern handelte es sich um ortsansässige Kaufleute, ihren runden Bäuchen und der in den Lowlands üblichen Kleidung nach zu urteilen. „Einen guten Abend Euch allen“, rief er ihnen auf Schottisch zu. „Ich gehöre zum Clan der MacKenzies und hoffe, einen von meinen Leuten in der Stadt anzutreffen.“

„Von den MacKenzies hat sich in der letzten Zeit niemand hier blicken lassen“, antwortete einer der Kaufleute schulterzuckend. Die anderen nickten zustimmend.

Rory hätte wetten können, dass keiner von ihnen in der Lage war, einen MacKenzie von anderen Highlandern zu unterscheiden. Gefragt hatte er ohnehin nur, weil seine eigene Suche bisher ergebnislos verlaufen war. Selbst in den Tavernen, in denen sich die Mitglieder seines Clans zu treffen pflegten, wie er aus der Zeit, da er in der Stadt gelebt hatte, noch sehr gut wusste, war er erfolglos gewesen.

Was zum Teufel sollte er jetzt machen? Er hatte einen tagelangen Fußmarsch hinter sich. Er musste nach Hause, nach Kintail. Sein Bruder brauchte ihn.

„Ihr seht aus, als wäre das Leben nicht eben sanft mit Euch umgesprungen, mein Junge.“ Der Mann, der ihm geantwortet hatte, musterte ihn mitfühlend.

„Ich war in englischer Gefangenschaft“, erwiderte Rory kurz angebunden, gleichzeitig stiegen Bilder der blutigen Schlacht bei Flodden vor seinem inneren Auge auf. Die Engländer hatten ein paar hochwohlgeborene Gefangene behalten, um Lösegeld zu erpressen, und den Rest umgebracht. „Ich konnte ihnen vor ein paar Tagen entkommen.“

Rory war nicht so dumm gewesen, darauf zu warten, dass sein Onkel für seine Freilassung zahlte.

„Entkommen?“ Einer der alten Männer stieß einen leisen Pfiff aus. „Erzählt uns davon. Ich spendiere Euch einen Krug Ale.“

Von diesem Moment an war Rory die volle Aufmerksamkeit sämtlicher Anwesender sicher. Selbst die Wirtin, eine Frau von eindrucksvoller Körpergröße, deren fettige Haarsträhnen unter ihrer schmuddeligen Haube hervorlugten, wandte sich neugierig zu ihm um.

„Wenn Ihr Euch dazu durchringen könnt, auch noch einen Teller Eintopf springen zu lassen“, Rory grinste verwegen, „bekommt Ihr eine Geschichte zu hören, bei der Euch die Augen übergehen werden vor Staunen.“

„Mir reicht dafür schon sein Anblick“, meinte die Wirtin an ihre Stammgäste gewandt. Sie zwinkerte Rory zu und stupste ihn schäkernd an, als sie sein Bier und sein Essen vor ihn hingestellt hatte. „Mir gefallen junge Männer.“

Rory machte sich nicht die Mühe, seine Geschichte auszuschmücken, wie man es zu Hause von ihm erwartet hätte. Die alten Kaufleute hatten nie an einem Gefecht teilgenommen und lauschten ihm mit großen Augen. Sie zuckten zusammen und verzogen schmerzvoll das Gesicht, als er die Anzahl der Peitschenhiebe erwähnte, die man ihm verabreicht hatte, als sein erster Fluchtversuch gescheitert war. Die Strafe selbst hatte ihm nicht sonderlich viel ausgemacht, aber die verdammten Engländer hatten ihm auch sein Pferd und sämtliche Waffen abgenommen – sein Zweihandschwert, die Streitaxt und mehrere Langdolche.

„Ich brauche ein Pferd und ein Schwert, wenn ich nach Hause gelangen will“, schloss er seine Erzählung. Die Entfernung zu Fuß zurückzulegen würde ihn zu viel Zeit kosten, und nur ein Narr hätte die Vermessenheit besessen, in die Highlands zu reisen, ohne eine Waffe mit sich zu führen, vorzugsweise mehrere.

„Die kriegt Ihr aber weder mit einer guten Geschichte noch mit Eurem guten Aussehen“, gab einer der alten Männer feixend zurück, und die anderen lachten schallend.

Rory hatte erwogen, ein Pferd zu stehlen, aber nach der schrecklichen Niederlage bei Flodden herrschte eine gespannte Atmosphäre in der Stadt. Man fürchtete einen Angriff der Engländer, und überall waren bewaffnete Reiter zu sehen. Er durfte nicht riskieren, erwischt und unter Arrest gestellt zu werden.

„Ich bin ein geschickter Kartenspieler.“ Er hatte kaum etwas anderes getan in der Geiselhaft. „Wisst Ihr von einer Möglichkeit, bei der ich die Summe gewinnen kann, die ich brauche?“

Ein kahlköpfiger Mann mit gerötetem Gesicht erhob die Stimme: „Ihr meint, genug Geld, um ein Pferd und ein Schwert zu kaufen?“

Die anderen lachten wieder laut, nur der Mann, der ihn zuerst angesprochen hatte, nicht. „Mattie“, wandte er sich stirnrunzelnd an die Wirtin. „Treffen sich diese fein gekleideten Adligen nicht heute Abend wieder zu einem ihrer Spiele in deinem Hinterzimmer?“

„Werdet Ihr wohl still sein!“ Spielerisch klatschte die Wirtin dem Gast mit einem nassen Lappen auf den Arm. „Sie lassen ein ordentliches Sümmchen dafür springen, dass ich ihnen Ungestörtheit garantiere und ein paar saubere Mädchen schicke. Sie halten gar nichts davon, sich mit uns Leuten aus dem gemeinen Volk abzugeben.“

„Ich bin der Sohn eines Stammesfürsten aus den Highlands“, meldete Rory sich rasch zu Wort, „und damit nicht schlechter als einer von diesen Flachlandadligen.“ Besser als sie, um genau zu sein. Als die Wirtin zögerte, breitete er die Arme aus und schenkte ihr sein schönstes Lächeln. „Nun komm schon, Mattie, hilf einem armen Kerl.“

„Welche Frau könnte diesem hübschen Gesicht widerstehen?“ Die Wirtin schüttelte den Kopf. „Also gut, ich bringe dich zu ihnen, du gut aussehender Satansbraten.“

Hübsches Gesicht? Sieh an. Nun brauchte er nur noch etwas Kapital, um sich an dem Spiel zu beteiligen. „Wenn einer von Euch mir eine Silbermünze borgt, zahle ich ihm das Doppelte zurück.“

Bei seinem Angebot brachen die alten Männer erneut in Gelächter aus. Rory sank der Mut. Er durfte seinen Bruder Brian nicht so lange allein lassen. Als er dem Aufruf des Königs gefolgt und in den Kampf gezogen war, hatte Rory nicht ahnen können, dass er noch zwei Monate nach der Schlacht von den Engländern gefangen gehalten werden würde.

Er rief sich ins Gedächtnis, dass sein Halbbruder sechzehn war, beinahe genauso alt wie er selbst, und allemal in der Lage, auf sich achtzugeben. Doch obwohl Rory ein halbes Jahr jünger war als Brian, hatte er sich immer wie der Ältere gefühlt. Brian war zu gutherzig. Er sah die Menschen nicht, wie sie wirklich waren, sondern wie er sie sehen wollte. Was schlimm ausgehen konnte für einen Mann, der in Kürze die Pflichten eines Stammesfürsten übernehmen sollte.

Wieder erwog Rory, ein Pferd zu stehlen, doch plötzlich ließ sich die Wirtin auf den Stuhl an seinem Tisch plumpsen und schlang ihm ihren bulligen Arm um den Nacken.

„Ich kann dir ein bisschen Geld fürs Glücksspiel borgen“, murmelte sie vertraulich und blies ihm ihren fauligen Atem ins Gesicht. Mit der freien Hand griff sie in ihr Mieder, holte eine Silbermünze zwischen ihren üppigen Brüsten hervor und hielt sie ihm hin.

„Ist das die Münze, die ich dir gegeben habe, Mattie?“, fragte der rotgesichtige Mann vorwurfsvoll.

Die Wirtin drehte sich zu ihren Stammgästen um und zwinkerte verschwörerisch. „Ihr könnt mir glauben, Jungs, ich habe sie mir redlich verdient.“

„Du wirst es nicht bereuen.“ Rory wollte nach der Münze greifen, doch Mattie zog die Hand zurück.

„Wenn du dein Versprechen nicht halten kannst“, sagte sie listig, „darf ich mir aussuchen, wie du deine Schulden zurückzahlst. Gelob mir das beim Grab deiner Mutter.“

Rory wollte sich der Magen umdrehen. Zusätzlich zu allen anderen abstoßenden Eigenschaften hatte Mattie wahrscheinlich auch noch die Lustseuche, genau wie die Mädchen, die sie den Männern im Hinterzimmer zuführte. Aber er wurde das Gefühl nicht los, dass sein Bruder in Schwierigkeiten steckte. Ihm blieb keine Wahl.

„Beim Grab meiner Mutter.“ Er zuckte zusammen, als Mattie um ihn herumgriff und eine seiner Hinterbacken umfasste. Allmächtiger, ihre Hand musste die Größe eines Schinkens haben. Kurz schloss Rory die Augen und schickte ein Dankgebet gen Himmel, dass keiner aus seinem Clan Zeuge der Szene geworden war.

Das Pochen in seinem Bein ignorierend, erhob er sich und folgte Mattie hinter einen Vorhang, der den Schankraum von einem dunklen Gang abtrennte. An dessen Ende drang Kerzenlicht durch eine angelehnte Tür.

„Nimm dich in Acht, mein Hübscher. Es sind mächtige Männer.“ Mattie senkte die Stimme, als sie bei der Tür ankamen. Sie tippte ihm mit dem Zeigefinger grob gegen die Brust. „Wenn du tot bist, nützt du mir nichts mehr.“

Angesichts des übelkeiterregenden Gestanks, den sie verströmte, hielt Rory die Luft an und spähte durch den Türspalt, um die Männer in Augenschein nehmen zu können. Es...