Früher war alles besser - Ein rücksichtsloser Rückblick

von: Michael Miersch, Henryk M. Broder, Josef Joffe, Dirk Maxeiner

Knaus, 2010

ISBN: 9783641050894 , 224 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 6,99 EUR

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Früher war alles besser - Ein rücksichtsloser Rückblick


 

M Männliche Helden (S. 95-96)

Nur in tumben Actionfilmen sind die Helden männlich. Sobald auf Leinwand oder Bühne ein gewisser Anspruch signalisiert wird, kommen Männer bloß noch als Volltrottel oder Serienkiller vor. Das generelle Täterprofil lautet: weiß, männlich und heterosexuell. Aber keine Angst, die Kommissarin kriegt sie alle, weil sie ihnen moralisch, emotional und intellektuell haushoch überlegen ist. Wer glaubt, als berufstätiger, Steuer zahlender, verheirateter Familienvater dem Schuldspruch zu entkommen, täuscht sich.

Diese Spezies gilt als besonders reaktionäres Auslaufmodell. Tagsüber bekommt man diesen Typus relativ selten zu Gesicht, weil er arbeiten muss. Die Kinder brauchen dennoch nicht auf ihn zu verzichten, weil er ständig als Witzfigur durchs Werbefernsehen tölpelt. Beim dort dargebotenen exquisiten Lebensstil muss er leider draußen bleiben, da er staatlicherseits für die Bereitstellung von Steuern vorgesehen ist. In den Medien gilt er als langweilig, bieder, und selbst im Tod fehlt ihm jeglicher Glamour. Oder kann sich irgendjemand Lichterketten für Herzinfarktopfer vorstellen?

Marsch durch die Institutionen, Der lange


Begann Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre, als es den 68ern langsam dämmerte, dass es mit der Revolution nicht so laufen würde, wie sie es sich vorgestellt hatten. Die Diktatur des Proletariats und die klassenlose Gesellschaft wurden »on hold« gestellt, die Poster mit Che Guevara und Angela Davis von den Wänden genommen, die Gebrauchsanweisungen für die Befreiung der Völker der Dritten Welt von Frantz Fanon und Gaston Salvatore auf den Speicher verbannt, wo schon Hans Grimms Volk ohne Raum und Artur Dinters Die Sünde wider das Blut vor sich hinfaulten.

Von Ulrike Meinhof, Andreas Baader und einigen ihrer Freunde abgesehen, die nicht mehr von der Rolle kamen, nahmen die meisten Revolutionäre eine Kurskorrektur ihrer Lebensplanung vor; sie schlossen Bausparverträge und Rechtsschutzversicherungen ab, wurden Lehrer, Kindergärtner und Anwälte, gründeten NGOs und PR-Agenturen und besetzten nach und nach Schlüsselpositionen in den privaten und öffentlich-rechtlichen Medien. Nicht etwa, um Karriere zu machen, sondern um »das System« von innen aufzumischen.

»If you can’t beat them – join them.« Einige gingen in die Politik, wo sie ihre außerparlamentarische Tätigkeit in einem ordentlichen Rahmen so lange fortsetzten, bis ihnen die Gelegenheit geboten wurde, als Berater auf dem internationalen Energiemarkt tätig zu werden.