Das Godly Play-Konzept - Die Rezeption der Montessori-Pädagogik durch Jerome W. Berryman. E-BOOK

von: Martin Pranieß, Gottfried Adam, Rainer Lachmann

Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2008

ISBN: 9783862340545 , 393 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 75,00 EUR

Mehr zum Inhalt

Das Godly Play-Konzept - Die Rezeption der Montessori-Pädagogik durch Jerome W. Berryman. E-BOOK


 

"13 Berryman – nachgedacht (S. 331-332)

13.1 Der religionspädagogische Entwurf Maria Montessoris

Montessoris eigener religionspädagogischer Entwurf bleibt innerhalb konfessionell gebundener Grenzen auf die Vermittlung von liturgischen Strukturen konzentriert. Auch das gesamte methodische Repertoire1534 bleibt auf dieses liturgische Zentrum fokussiert. Im Anschluss an Montessori wurde diese Perspektive des Religionsunterrichts auch weiter verfolgt1535. Berryman hat mit seinem pädagogischen Ansatz, vermittelt durch Sofia Cavallettis religionspädagogisches Konzept, die Grenzen des liturgisch-katechetischen Rahmens in Maria Montessoris eigenen religionspädagogischen Überlegungen verschoben bzw. erweitert, ohne die Vermittlung liturgischen Wissens und Handelns aufzugeben.

Der Fokus auf die Liturgie der katholischen Messe wird durchbrochen und andere religionspädagogische Inhalte kommen hinzu, ebenso wird von Berryman der Methodenbestand und die Theorie der religiösen Bildung erweitert. Interessant ist die Beobachtung, dass in Montessoris religionspädagogischem Ansatz, anders als in ihren allgemeinen pädagogischen Überlegungen, die Selbstentfaltungskraft und die Selbstgestaltungskraft der Kinder eine, so scheint mir, untergeordnete Rolle (wenn überhaupt eine?) spielt. Natürlich sollen in Montessoris »Atrium« die Kinder auch selbst im Rahmen der vorbereiteten Umgebung handeln, aber die eigenen Gedanken der Kinder, »ihre Theologie«, kommt nicht zur Darstellung und sie fließen auch nicht in die theoretischen Überlegungen ein. Montessoris Konzept ist gegenüber den theologischen Gedanken der Kinder abgeschlossen.

Die Kinder sollen lediglich lernen, im Rahmen der Kirche zu leben. Die Freiheit des Kindes, eigene religiöse Vorstellungen zu entwickeln und zum Ausdruck zu bringen, ist in diesem Rahmen nur sehr eingeschränkt möglich. Es werden dazu auch keine pädagogischen »Werkzeuge« angeboten. Sehr auf den Punkt formuliert, sieht Berg1536 die Religionspädagogik Montessoris als stark auf »rituelle Abläufe« konzentriert, das Kind als Träger seiner eigenen (religiösen) Freiheit wird von Montessori im kirchlichen Religionsunterricht eigentlich zum »Verschwinden« gebracht. Das Grundprinzip der Selbstbestimmung in der Montessori-Pädagogik (Hilf mir, es selbst zu tun!) scheint an diesem kirchlichen Ort keine Rolle mehr zu spielen.

Hier stellt sich die Frage: Warum gerade in der religiösen Bildung? In der Tradition des evangelischen Religionsunterrichtes hat die persönliche Freiheit, sich für den Glauben entscheiden zu können, immer eine große Rolle gespielt, egal welches Paradigma der religiösen Bildung gerade aktuell war, denn das ist Grundhaltung aus dem reformatorischen Erbe. Auch wenn man der sehr harschen Kritik1537 Bergs nicht das Wort reden möchte, er hat doch den Finger auf den »wunden Punkt« der Religionspädagogik Maria Montessoris gelegt. »Welche eigene Aktivität des Kindes ist gefragt?«

Somit hat die Aussage Bergs: »Ich denke, hier steht Maria Montessori mit ihrer religiösen Erziehung sich selbst, dem grundlegenden Freiheitsansatz ihres Denkens, im Weg.«1539 – auch eine argumentative Basis. Horst Klaus Berg1540 hat richtiger Weise in seiner Publikation darauf hingewiesen, dass es in der Religionspädagogik, wie überhaupt in der Montessori- Interpretation, nicht darum gehen kann, möglichst detailgetreu Maria Montessoris Gedankenwelt zu erfassen und so bloß »möglichst genau« zu tradieren. Wie jede »große« Pädagogik hat auch die Montessori-Pädagogik das Recht, weiter gedacht zu werden."